Ingenieurskunst im Schrägkugellager: Was die Anzahl der Kugeln über das Lager verrät

Vielleicht kennen Sie die Frage von Ihren Kunden: „Können Sie mir sagen, wie viele Kugeln sich im Lager befinden?“ Die Frage mag zunächst irritieren, da Wälzlager genormt sind. Aber tatsächlich kann es bedeutende Abweichungen in der Anzahl der Kugeln geben, die wiederum Einfluss auf die Maximalbelastung der Lager haben. Der erste Blick fällt dabei sicherlich auf die Artikelbezeichnung. Diese gibt jedoch nicht direkt die Anzahl der verwendeten Kugeln an, sondern enthält andere nützliche Hinweise. Schauen wir uns das einmal genauer an.

Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass das Vorhandensein einer Einfüllnut bereits Aufschluss über die Kugelanzahl geben kann. Das Problem: Nicht bei jeder Lagertype ist aus der Bezeichnung ersichtlich, ob eine Einfüllnut vorhanden ist. Bei zweireihigen Schrägkugellagern gibt die Hauptbezeichnung keinen Hinweis auf die Konstruktionsmethode, zum Beispiel beim Artikel 3307.

Die Lösung liegt tatsächlich im Suffix: Der Werkstoff des Käfigs verrät mehr über die Eigenschaften des zweireihigen Schrägkugellagers. Bei Lagern mit Stahlblechkäfig kann eine Einfüllnut dabei behilflich sein, die maximale Anzahl an Kugeln ins Lager einzubringen. Bei der Type 3307 JC3 von NSK sind es beispielsweise 12 Kugeln pro Reihe. Diese Konstruktionsweise bringt jedoch auch einen Nachteil mit sich, da die Einkerbungen der Einfüllnut an Innen- und Außenring die axiale Belastbarkeit in eine Richtung stark einschränken. Die Einkerbungen wirken bei hohen axialen Belastungen ähnlich wie „Schlaglöcher“, die die Rundlauffähigkeit der Lager beeinträchtigen und die Funktion sowie Haltbarkeit deutlich verringern. Daher sind diese Lager ideal für radiale Belastungen geeignet.

Es gibt auch zweireihige Schrägkugellager mit Stahlblechkäfig, die ohne Einfüllnut auskommen und dank geteilter Innenringe mehr kleine Kugeln aufnehmen können (zum Beispiel 3307 DA von FAG mit 12 Kugeln pro Reihe). Alternativ sind auch Ausführungen mit weniger Kugeln erhältlich, die dafür einen größeren Durchmesser besitzen (zum Beispiel 3307 A von SKF mit 8 Kugeln pro Reihe). Ein großer Vorteil des Stahlblechkäfigs ist die Hitzebeständigkeit, die auch bei regelmäßiger Einwirkung von Temperaturen über 120 Grad Celsius stabil bleibt.

Häufig wird auch ein Kunststoffkäfig im zweireihigen Schrägkugellager verwendet. Ein Vorteil dieses Materials ist seine elastische Verformbarkeit, die keine Einfüllnut erfordert. Die Wälzkörper werden beim Zusammenbau durch einseitig offene, sogenannte „Schnappkäfige“, ins Lager gedrückt. Diese Methode erlaubt allerdings den Einsatz von weniger Wälzkörpern als beim Stahlblechkäfig, die Lagertype 3307-BD-XL-TVH von FAG beinhaltet zum Beispiel 7 Kugeln pro Reihe. Um die maximale Tragfähigkeit trotz der geringeren Kugelanzahl zu gewährleisten, werden Wälzkörper mit größerem Durchmesser verwendet. Außerdem ist das Lager in Bezug auf die axiale Belastbarkeit nicht eingeschränkt. Allerdings sind Lager mit Kunststoffkäfig für Anwendungen bei hohen Temperaturen weniger geeignet.

Die Frage Ihres Kunden zur enthaltenen Kugelanzahl im Wälzlager ist also durchaus berechtigt, könnte aber verallgemeinert werden: „Sind wenige große oder viele kleine Wälzkörper vorhanden?“ Das Suffix der Artikelbezeichnung gibt Auskunft über die Konstruktion mit oder ohne Einfüllnut.

Wie Sie das Käfigmaterial anhand der Nachsetzzeichen herauslesen können, haben wir in der untenstehenden Tabelle aufgeschlüsselt. Umfangreiche technische Informationen finden Sie außerdem in unserem Onlineshop zum Download.

  • = nicht explizit ausgewiesen

Auf diese Weise können Sie gemeinsam mit Ihrem Kunden die am besten geeignete Ausführung für den geplanten Einsatzort ermitteln. Die Wahl des richtigen Käfigmaterials ist je nach Anwendungsgebiet von entscheidender Bedeutung.

Kennen Sie schon die verschiedenen Konstruktionstypen von Rillenkugellagern? Auch hier spielt die Einfüllnut eine wichtige Rolle. Hier gelangen Sie direkt zum Artikel.